Kolumbien 


Kolumbien ist irgendwie spannend, das Land ist so bunt wie seine Fahne, gelb, blau, rot - „Das Design der Flagge wurde für Venezuela entworfen und später auch für Grosskolumbien angewandt“. 

Und sie mögen es bunt, Ich lande in Bogotá (mit Betonung auf dem á) - es regnet bei 13 Grad, quasi europäisches Wetter mitten in Lateinamerika auf 2600m. Der Elektroherd meine Heizung, zum ersten Mal keine Klimaanlage, gut so. Die Stadt ist riesig, ich trinke ein Bier mit dem Portier und mit viel beidseitiger Spachgeduld bekomme ich seine Besichtigungsempfehlungen. Bogotá liegt auch von Bergen umgeben, aber hier ist alles grün, es regnet weiter. Der Regen kommt wohl regelmäßig am Nachmittag, also früh aufstehen für die Besichtigungen, vieles ist interessant zu sehen, Kolumbien hat seine Kultur, die Stadt ist voller kleinerer Museen und Plätze und voller Menschen, viele Touristen tummeln sich. Monserrat, die Attraktion Nr. 1, ein Berg,  ca. 900m - eine Seilbahn versucht den Menschenansturm zu bewältigen, sie schafft es nicht- ich frage nach einem Wanderweg - Fehlanzeige, das kann ich nicht glauben- aber ich bin erst gegen Mittag an der Talstation, große Wolken ziehen auf. Wenn es hier regnet, dann richtig, innerhalb von 15 min sind alle Straßen überschwemmt, gleichen einem Flusslauf- die Busse quälen sich durchs Aquaplaning. So große Regenschirme habe ich noch nie gesehen, jeder Unterstand wird zum Regenschutz, zum ersten Mal kommt meine Regenjacke zum Eisatz, sie hat keine Chance, der Regen ist viel zu stark.

Die Museen sind sehr liebevoll ausgestattet, auffällig wenig Besucher, stehen alle noch in der Schlage zur Seilbahn auf den Monserrat. Venezolaner prägen das Bild der Straßenhändler, entnehme ich dem Portier, ihr Glück versuchend, ein hartes Geschäft bei großer Konkurrenz. 

Mich reizt die Stadt nicht außergewöhnlich, also weiter gen Norden, da gibt es reizvolle Nationalparks, sagt Google Maps. 

Auf den langen Reisen habe ich mich mal wieder durch alle Beethoven Sinfonien gehört, dessen Einfallsreichtum einfach ein Genus ist, passend zum 250 lese ich gerade die neuste Biografie (von Mattias Heinke, sehr zu empfehlen). Ein Zitat vom Meister, was mir häufig auf Reisen einfällt: „wir irren allesamt, nur jeder irrt anders“- cooler Spruch von Ludwig van. 

Aus dem Bus sehe ich lustige Melonenbäume, die Früchte sind so groß wie eine Zuckermelone, grün und rund wie ein Ball, oder die Melonenform, habe ich so noch nirgendwo anders gesehen, keine Ahnung was das ist, sieht toll aus, und es gibt Plantagenähnliche Flächen. Könnte natürlich eine Art Pomelo mit glatter Schale sein. Hätte am liebsten den Busfahrer zum anhalten bewegt. Der Gedanke kommt mir oft, wenn ich wunderbare Landschaften, Bäume oder Ähnliches sehe, würde ich gern anhalten mich in Ruhe umschauen und ein paar Fotos machen, unflexibele Busfahrer. Dafür halten die Busse oft kurz an, aber nicht weil ein Fahrgast zusteigt, es sind fliegende Händler mit ihren Teigtaschen, Süßigkeiten, was auch immer, man kann nicht verhungern im BUS. 

Trotzdem immer wieder eine Freude aus dem Bus heraus das Land zu sehen, sie mögen es bunt, immer wieder. Die große Vielfalt unterschiedlicher Baumarten, teils blühend, ist beeindruckend.

Ich treffe mal wieder einen echten Weltenbummler, Joe der „Passenger“ aus Belgien (pensioniert) spricht 5 Sprachen, ich kann mal wieder deutsch sprechen, Joe ist sehr fleißig- schreibt jeden Tag seinen Blog, und seine Fotos sind wohl sehenswert. Seine Erlebnisse noch viel spannender, welch eine Freude unsere Unterhaltung. Durch seinen Tipp erlebe ich den letzten Karnevalstag ein hiesiger Straßenumzug, die Stadt im Ausnahmezustand. Das cerveza fließt und viele verrückte Gestalten säumen die Straßen, Man pflegt ein ausgesprochene Karnevalskultur, sinnbildlich mit einem neu gebauten Museu de Carneval. 

Die Esskultur erinnert an Vietnam, es gibt grandiose Suppenrestaurants - meine Favoriten: Sopa de costilla- eine Suppe mit großem Rindfleischknochen und Sopa de guandul - Bohnen/Linsensuppe mit Rindfleisch, Rico-köstlich. Sie werden in einer Kokosnussschale serviert und passend dazu den Cucharas- Holzlöffel. 

Das Leben ist auf der Straße, an jeder Ecke kolumbianisches kulinarisches Treiben, freundlich und geschäftstüchtig. Der Isla de Salamanca Park ist ein weiteres Naturerlebnis, im Eintritt ist ein Mangrovenwälder-Vortrag enthalten, ich verstehe fast nichts, aber kann den Referenten und die Teilnehmer gut beobachten, bevor es zur geführte Mangrovenwaldwanderung geht gibt es noch Cola und Kekse, die Wege sind urig, ein Langer Holzpfad durchs den Wald führt zum Aussichtspunkt, besondere Attraktion ist das beobachten vieler Einheimischer Vogelarten, dazu gibt es Ferngläser aber ich bin nicht sehr Erfahren im Umgang und ehe ich mich positioniert habe sind die scheuen Tiere meist von Dannen. Plötzlich tauchen kleine Salzseen auf, keine Ahnung was die hier zu suchen haben, jeder See eine andere Farbe, Rot, Orange, Äußerst sehenswert, ich muss viel trinken, es ist sehr heiß, die Einheimischen Biologen schwitzen nicht mal. Wieder entsteht der Eindruck, das erlebte nicht festhalten zu können, mir bleibt es - ein Lager anstrengender Tag, der sich wunderbar anfühlt. Auf der Hinfahrt wurden wir von Polizisten angehalten, er hatte alle Zeit der Welt verschwand gefühlt eine halbe Stunde mit meinem Reisepass, warum auch immer - warten angesagt. 

Und der kolumbianische Kaffee muss unbedingte Erwähnung finden, in der Posada werde ich damit umsorgt, der Kaffeestolz ist unübersehbar, mit voller Berechtigung. Kolumbien gefällt mir sehr gut, aber es ist natürlich auch sehr urig, und es gibt viel Armut zu sehen, wenn man durch die kleineren Straßen schlendert. Cartagena, meine letzte geplante Station im Land, soll eine tolle historische Altstadt haben, wirft also ihre Schatten voraus. Manche Nationalparks haben eine staatlich verordnete Naturpause, zwei mal im Jahr für einen Monat geschlossen, Richtig so, ich kann sowie nicht alles „mitnehmen“ die Strecken von A nach B sind sehr aufwendig und verschlingen viel Zeit. Natürlich weiter per Bus. Ich buche immer online das Ticket, um es dann am Schalter der jeweiligen Bussgesellschaft vor Ort gegen ein Busticket einzutauschen, bin ich schon mal im Computer und kann mir vielleicht paar Fragen ersparen, manchmal auch Fehlanzeige- niemand will mich verstehen, was gibt es da noch zu klären,  ich habe ein Ticket und will nur von A nach B, ich brauche selbst mit Übersetzer oft 15 bis 20 Minuten, ohne das ich verstanden habe was der Schalter-Man von mir will, er sollte mir nur sagen, wo der Buss abfährt, hoch komplex. Mein Eindruck, einfach ist wohl nicht ihr Ding.  Selbst bei der Bestellung eines Frühstücks-Omelette bekommt man 10 Fragen gestellt, es nervt manchmal schon, ich will nur ein Omelett. 

Cartagena - 6 Mil. Einwohner, Berlin hat 3,5 ist aber Flächenmässig doppelt so groß, in der Stadt erinnert vieles an asiatische Verhältnisse, die Enge, der Verkehr, die Straßenverkäufer, Motorräder, Großstadthektik. Und auch hier viele düstere Ecken, Bedürftigkeit und hohe Polizeipräsens. 

Das Bus Terminal ist 14km von der historischen Altstadt entfernt, google zeigt Stau - ich entscheide mich für eine Motorrad Taxi, habe ja Asienerfahrungen, aber hier fahren sie richtige Motorräder und keine Mopeds, bedeutet die fahren viel schneller, was die Sache nicht sicherer macht, zum Glück ist mein Helmvisier so zerkratzt, das ich nix sehe, er fährt extrem ambitioniert, plötzlich hält er an, ich soll absteigen- aber wir sind doch noch nicht am Hotel, Motorräder dürfen nicht in die Altstadt, okay also die letzten 1,5 km zu Fuß weiter. Innerhalb der gut erhaltenen kolonialen Stadtmauer, plötzlich ein anderes Leben, erinnert an das spanische San Sebastian. Touristen schlendern durch die engen Straßen, Souvenirläden bunt gekleidete „Colombia Schönheiten“ nehmen Geld für ein Foto. Ich bekomme eines ohne, von hinten. Hotels, Cafés, Schickimicki-Läden Kirchen, Museen alles guterhaltenen und touristisch aufbereitet, das hat seinen Preis. Auf der Stadtmauer treffen sich allabendlich hunderte Touristen, um den Sonnenuntergang im Atlantik zu beklatschen, sobald sie eingetaucht ist. Dann noch eine zünftige Hochzeitsfeier mit allen Kitsch und Umzug durch die Gassen der Altstadt, die Taxis schnaufen im Stau, sie dürfen jeden Touristen bis vor die Tür bringen, irgendwie keine gute Idee. Gut das ich hier nur für eine Nacht gebucht habe, den Trubel brauche ich nicht länger, es erinnert mich an das Gewimmel in Venedig. 

Es hat ja auch zwei Strände wo man kampieren kann, ich entscheide mich den ruhigeren La Playa, seltsame Zelte dienen als Sonnenschutz, meist ungenutzt - naturbelassene Strände liegen nicht im Trend, ich mag sie. Und hier findet man kolumbianische Spezialitäten aller Art und ich kann mich in Ruhe auf Mexiko einstimmen, mein Freund Robert wartet schon.